Oberstbrief zur AfD-Veranstaltung im Schützenhof

21. Januar 2024_Oberstbrief zur morgigen AfD-Veranstaltung.pdf

An alle Mitglieder des PBSV

Paderborn, 21. Januar 2024

 

Liebe Schützenschwestern und Schützenbrüder,

ich wende mich heute aus gegebenem Anlass mit diesen persönlichen Zeilen an Euch. Wir Ihr vielleicht in den vergangenen Tagen den heimischen Medien entnommen habt, wird morgen Abend im Fahnensaal unseres Paderborner Schützenhofes und damit in der Herzkammer unseres PBSV eine politische Veranstaltung der AfD stattfinden. Auf dem Parkplatz vor dem Masperntor ist eine Gegenkundgebung angemeldet.

Wir sind als PBSV am vergangenen Montag durch die Geschäftsführerin der Paderborner Stadthallenbetriebsgesellschaft (PSB) über diese Veranstaltung informiert worden. Die PSB ist bekanntlich Pächterin unseres Schützenhofes, d.h. die Bewirtschaftung des Schützenhofes einschließlich der Raumvermietung erfolgt ausschließlich durch die kommunale Paderborner Stadthallenbetriebsgesellschaft als Pächterin des Schützenhofes. Die Stadt Paderborn ist nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass aus juristischen Gründen eine Vermietung der Räume an die AfD nicht zu verhindern ist.

Wie Ihr wisst, bin ich sehr vorsichtig mit politischen Äußerungen, denn unser PBSV ist überparteilich, und das ist gut so! Das heißt aber nicht, dass mich die morgige Veranstaltung, die unser Selbstverständnis als traditionsbewusster und zugleich weltoffener Verein mit deutlich mehr als 4.000 Mitgliedern berührt, in dieser politisch aufgewühlten Zeit sprachlos macht.

Eines der großen politischen Themen unserer Zeit ist die Migration. Es ist bemerkenswert, dass der erste Kommandeur des PBSV, Andreas Ferrari, italienische Wurzeln hatte. Die königlichen Hoheiten aus Schweden, die Majestät und der Leutnant mit türkischem Wurzeln, der königliche Standartenträger und der frischgebackene Unteroffizier mit iranischen Wurzeln, der irische Oberstleutnant, der portugiesische Unteroffizier, der britische Sergeant: all diese Persönlichkeiten und noch viele, viele mehr zeigen, dass unser ehemaliges Jahresmotto „Menschen verbinden – Freundschaften pflegen“ topaktuell ist: Menschen zu verbinden - auch Menschen, die neu in unsere Stadt kommen - ist seit 1831 eine unserer größten Stärken! Oder anders formuliert:

Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung haben keinen Platz in unserem PBSV.

Eine alles überlagernde Klammer unseres Vereins ist das Prinzip der christlichen Nächstenliebe: christliche Nächstenliebe unterscheidet nie nach Herkunft, Hautfarbe oder Religion! Glücklicherweise kann ich nach 17 Jahren als Adjutant, Hauptmann und Oberst sagen, dass ich nie in unserem Verein Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung erlebt habe, im Gegenteil!

 

Weltoffenheit kann für uns Schützen allerdings nicht bedeuten, dass wir die Welt durch eine rosarote Brille sehen und die mit der Globalisierung einhergehenden Herausforderungen ausblenden. Unsere Welt wächst zusammen, aber mit dem Zusammenwachsen nehmen auch die Probleme zu.

1947 hat der große deutsche Sozialdemokrat Kurt Schumacher gesagt, dass die Demokratie auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und der Ehrlichkeit beruhe. Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass unsere Politiker gesellschaftliche Herausforderungen benennen und in den Parlamenten nach Lösungen ringen. Viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land vermissen diese Ehrlichkeit und wenden sich von unserem Gemeinwesen ab. Wir sollten daher als Paderborner Schützen, gerade auch im Hinblick auf die morgige AfD-Veranstaltung, unsere demokratischen Politiker ermutigen, die „heißen Eisen“ unserer Zeit zu schmieden! Das ist das beste Mittel gegen das Erstarken politischer Extrempositionen an den Rändern des politischen Spektrums.

 

In diesem Sinne verbleibe ich für heute mit herzlichen Grüßen

Euer Thomas Spieker Oberst