Der Schützenplatz des PBSV
Kaum ein Schützenverein in Deutschland verfügt über einen landschaftlich so schön gelegenen Schützenplatz wie der Paderborner-Bürger-Schützenverein von 1831 e.V. Dass sich dieser Platz in dieser Weise präsentiert, kommt nicht von ungefähr: Immer wieder greifen Mitglieder des Vereins zu Harke, Besen und Rechen, um den Platz von Unrat und Abfällen zu reinigen und der Paderborner Bevölkerung ein stadtnahes Erholungsgebiet anzubieten.
Als der PBSV im Mai 1831 gegründet wurde, waren eine Reihe von vorbereitenden Maßnahmen zu ergreifen, um das erste Schützenfest am Geburtstag des damaligen preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. (3.8.) feiern zu können. Nicht zuletzt der Ort der Feierlichkeiten war zu bestimmen. Sehr bald fiel der Blick der Gründer auf das Gelände der Königsträßer Hude, das der erste Vorstand am 15. Juni 1831 besichtigte und davon ein etwa 20 Morgen großes Gebiet auswählte, „…dass auch in polizeilicher Hinsicht dieser Schieß u. a. Übungen keine Hindernisse im Weege tretten.“. Major Ferrari wandte sich schließlich an Stadtdirektor Alexander Brandis und bat um die Erlaubnis, dort das Schützenfest feiern zu dürfen, was dieser genehmigte.
Sofort begannen die Vorbereitungen: Der Platz musste planiert, eingefriedigt und bepflanzt werden. Offensichtlich gab es bereits damals Pläne, dass „…nötigenfalls auch eine Bebauung in Aussicht gestellt wurde.“. Insgesamt muss der in Aussicht genommene Platz ein sehr ödes Aussehen geboten haben, denn die vielen Einzelmaßnahmen lassen auf diesen Zustand schließen.
Bereits eine Woche nach dem ersten Schützenfest übermittelte Ferrari dem Stadtdirektor den Wunsch des jungen Vereins um Überlassung des Platzes für spätere Jahre. Brandis antwortete am 13. August 1831, der Gemeinderat habe beschlossen, über den Landrat bei der Regierung in Minden zu beantragen, dem Schützenverein den unentgeltlichen Nießbrauch des Platzes zu gestatten, was zunächst aber nicht zugestanden wurde. Erst nach längerem Schriftverkehr erlaubte man die Nutzung. Problem war vor allem der Nießbrauch, der als Geschenk angesehen wurde, den zu gewähren die Stadt nicht befugt sei. Man empfahl den Kauf oder Pacht des Platzes.
Als die Probleme zu Beginn des Jahres 1832 geklärt waren, gab es jetzt Streit in der Königsträßer Bauerschaft, die ihre Hude gefährdet sah. Hinter allem sollte der erste Königsträßer Hauptmann Bäckermeister Franz Graen gestanden haben, der seines Hauptmannsamtes entsetzt wurde, die Kompanie von 1837 bis 1840 aber erneut führte. Auch diese Angelegenheit konnte schließlich zufrieden stellend geklärt werden. Erst jetzt (1833) begann man mit der endgültigen Anlage des Platzes, die Forstmeister Hagespiel entworfen hatte. Man bepflanzte den Platz mit Eichen, Eschen, Birken, Erlen und Wacholder; die erste Bepflanzung kostete mehr als 143 Reichstaler. Hinzu kamen Arbeitskosten von 113 Reichstalern, jedoch waren schon 1839 weitere 8 Reichstaler zur Platzerhaltung aufzuwenden.
Am 14. August 1860 versuchte der Vorstand erneut, den Platz käuflich zu erwerben, was mit der Absicht, ein festes Gebäude zu errichten, begründet wurde. Bisher hatte man zu den Schützenfesten bewegliche Zelte errichtet. Aber auch diese Absicht konnte nicht durchgesetzt werden, jedoch errichtete im Jahre 1879 Bauunternehmer Caspar Tenge ein festes Tanzzelt von 120 Meter Länge und 50 Meter Breite, dem im Jahre 1880 das sog. Königszelt folgte, das in den Jahren 1883 und 1887 durch Anbauten erweitert wurde. 1885 hatte man ein Bierzelt von 600 Quadratmetern Grundfläche errichtet. Jetzt galt es, einen Wirt und Aufseher zu bestellen, den man in dem Gärtner und Wirt Josef Harbort (1857 bis 1908) fand. Als erster Schützenwirt amtierte er von 1889 bis 1897.
Unter Oberst Wilhelm Löffelmann erfolgte eine ganze Palette von weiteren Baumaßnahmen, so die Errichtung des „Thrones“ (1890/1), eiserner Tore im Westen und Osten des Platzes im gleichen Jahr sowie im Süden ein Tor (1893). Der 1899 angelegte Kinderspielplatz dürfte der erste öffentliche Paderborner Spielplatz gewesen sein. Aber auch ein neuer Schießturm wurde errichtet. Hatte man zunächst Lärchenstangen benutzt, so wurde 1896 ein 25 Meter hoher Schießturm aus Holz errichtet, der jedoch 1908 so verrottet war, dass er nicht mehr genutzt werden konnte. So baute man 1910 einen neuen Turm, der die Zeiten des 2. Weltkrieges überdauerte, dann aber von der Bevölkerung 1946 abgeholzt wurde, um Brennmaterial zu erhalten. Der heutige Schießturm (aus Stahl) wurde beim 1. Nachkriegsschützenfest 1948 in Betrieb genommen und 1959/60 mit einem großen Kugelfang versehen.
Zum bekanntesten Bauwerk werden sollte die große Festhalle von 1931, die nach Plänen des Architekten Paul-Hermann Tenge errichtet worden war. Voraussetzung für den Neubau war der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages 1923 mit der Stadt für 100 Jahre; dieser Vertrag wurde 1993 bis 2073 verlängert. An der Halle sollte der Verein jedoch keine lange Freude haben, denn sie wurde am 27. März 1945 völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Anfang der 50er Jahre baute man die Gastronomie und den Fahnensaal wieder auf, so dass 1956 das damalige Jubiläum auf einem erneuerten Platz gebaut werden konnte. Seit 1955 begannen die Kompanien mit der Errichtung von Häuschen, wobei die Maspern die Vorreiter waren. Die Kompanien haben diese Häuser in den letzten Jahren neu gebaut, so die Kämper, Maspern und Königsträßer.
Da die Gebäude teilweise sanierungsbedürftig waren, entschloss sich der Vorstand 1996/97 zu einer „großen“ Lösung, die seit Ende 1995 betrieben wurde. Vorausgegangen waren Überlegungen, ein Hotel bzw. ein Veranstaltungszentrum zu errichten, jedoch scheiterten diese Pläne. In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung – in der Geschichte des Vereins erst die zweite – stellte der Vorstand die Pläne vor, die die erschienenen Mitglieder billigten. Vorgesehen waren der Abriss des Fahnen- und Mittelsaales sowie eine Komplettsanierung der Gaststätte und ein völliger Neubau der beiden Säle. Mit der Durchführung der Baumaßnahmen wurde die Firma Bremer beauftragt.
Am 12. August 1996 begannen die Abbrucharbeiten, und bereits genau einen Monat später konnte der Grundstein für den Neubau gelegt werden. Die Arbeiten schritten so zügig voran, dass am 21. Dezember bereits das Richtfest gefeiert werden konnte. Auch alle anderen Maßnahmen konnten termingerecht erledigt werden, so dass der Verein zum Gründungstag 1997 die festliche Einweihung des Neubaus begehen konnte. Mehr als 10.000 Menschen besichtigten noch am Eröffnungstag den Neubau, den der Verein ausschließlich aus eigenen Mitteln finanziert hatte.
Eine letzte wichtige Neuerung stellte die Umgestaltung des Platzes in den Jahren 2003/04 dar. Hintergrund war die Neubegründung der Tradition der Reitturniere auf dem Platz im Jahre 2003. So wurde der Parcours von 3.000 auf mehr als 6.000 Quadratmeter ausgeweitet. Mit Hilfe von Sponsorengeldern und öffentlichen Mitteln wurde die Neugestaltung durchgeführt, wobei vor allem ein Rundplatz geschaffen wurde, der die bisherige Wegeanlage ersetzte. 1.000 Kubikmeter Erde wurde bewegt, 30.000 Betonpflastersteine gelegt und 750 Meter Randsteine gesetzt. Jedoch wurde die Kastanie mit dem „Thron“ in der Mitte des Platzes erhalten. Insgesamt betrug das Investitionsvolumen etwa 500.000 Euro. Beim Reitturnier 2004 bestand der völlig neu gestaltete Platz seine Feuertaufe, was vor allem die Reiter herausstellten.
Pflege und Instandhaltung des Schützenplatzes obliegen den Schützen selbst. Arbeitseinsätze des gesamten Bataillons mit den schützenbrüdern aller fünf Kompanien, so. z. B. einmal zum Frühjahrs- und einmal zum Herbstputz, sorgen dafür, dass sich das stadtnahe grüne Kleinod stets in einem sauberen und damit einladenden Zustand befindet.
(von Klaus Zacharias)